Schottland! Thatcherism! Drogen! Iggy Pop! Acid House! Mädchen in Schuluniformen! BritPop! Raubtierkapitalismus! Gentrifizierung! Fußball! Shopping! Der ganze Film ist derart over the top-Pop, dass man ihn nur zu gern falsch verstehen wollte – und vielleicht auch heute noch will. Ein Gangster-Film, der so schottisch ist, dass er in Deutschland erst gut ein Jahrzehnt später in einer Metal-Box (Vergleiche: verschiedene Ausgaben des Albums von P.I.L.) im Original auf DVD herauskam. Und der die Geschichte von den Hintergründen des 1976er-Punk bis zu den Party-Verrücktheiten der späten Achtziger erzählt wie sonst nur der ganz andere „24 Hour Party People“ über die damalige Popszene von Manchester.
Wenn in London jemand niest, fallen Jahre später in Edinburgh fünf Leute tot um
Ganz unten hieß es wirklich saublöd in Deutschland bei einem Wallraff, als er mal heldenhaft zu den Sozialhilfeempfängern und Billigtagelöhnern herabstieg. In der tiefsten Hölle, die das in Trainspotting ja dann anscheinend für die Nachkriegs-Ära Europas sein muss, ist es hingegen grell und aufregend, sexy und höchst unterhaltsam. Wir haben Vollversager als Boygroup, für jeden Zustand einen Hit und ganz viel Fäkalien, Mode und Medien. Denn der Westen ist ja attraktiv, selbst in der tiefsten Kloake. Von diesen Kontrapunkten, ja fast dialektischen Inszenierungen lebt der Film-Teil des Werkes. Das Pop-Produkt Trainspotting hingegen geht mit Underworld, Pulp, Blur und anderen mitten in den Markt, und das radikaler als jedes Post-Post Produkt zuvor. Als wollte Boyle sagen: Eat my shit – es ist in Gold und Glam verpackt! Schottland attackiert London, und die feiern das natürlich.
Spätfolgen
Der zweite Teil kommt einiges später und zeigt Alter, EU-Förderungen und Nostalgie wie beiläufig aus dem Nähkästchen plaudernd. Wie eine Geschichte, die ja wohl inzwischen jeder und jede für sich selbst nachvollziehen kann, weil alle in diesem Programm drinstecken. Also zeigt man die Protagonisten als „welche von uns“, schließt nicht über Pop ein, sondern mehr über Empathie und Identifikation der Gegebenheiten, nicht Identifikation mit Kaputten. Ein lakonischer Nachklapp, als Update verpackt.