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Christoph Schlingensief: Terror 2000 (1992)

Januar 30, 2020 by admin

Schock und Groteske, sozialer Realismus und prophetischer Charakter. Darunter konnte der große Mann aus Mülheim es kurz nach der Re-Institution Gesamtdeutschlands nicht machen. Dieser Film platzte hinein in die ersten rassistisch motivierten Medienmorde und zeichnet – nach Werken über die Krupp-Familie und solche in Fassbinder-Tradition – ein verzerrt-plakatives Bild von einem gleichzeitig irre gegangenen wie zugleich grotesk biedermeierhaften Land, das beim Anblick radikaler Andersheit zur Kettensäge greift: Was haben die nur, was wir gerade verloren haben?

Noch vor Wien und Afrika

Schlingensief waren seine Filme bald nach diesem längst nicht mehr genug. Fast verzweifelt wollte er ran an die „normalen Menschen“, mit Fernsehshows, mit Performances in Wien, mit Engagements in Afrika. Um schließlich eine hart (post-)katholische Kunst-Messe zu seinem Sterben zu veranstalten, wie sie so gruselig weder Falco noch später Bowie hinbekommen konnten. Ein radikaler Künstler also, nicht nur ein Filmemacher. Und auch keiner, bei dem „die Kunst seine Welt“ und das Künstler-Ego identisch mit seiner Person war. Denn er war eben nicht method actor, sondern Inszenierer und Performer. Er ästhetisierte auch nicht das alltägliche Grauen im Leben anderer, wie es im Geschäft von Cannes meist Alltag ist. Sondern nur, als ihm kein anderes Thema mehr blieb, sein eigenes. Aber auch hier: grotesk und mit Brüchen.

Rassistische Morde in ihrer Zeit

Wie sehr zu den Hochzeiten von Loveparade, VIVA und Reality Shows mehr denn je an Populärkultur gegen diesen Aufschrei von Film und die Realität dahinter angearbeitet hat, ihn weggeschoben und in eine obskure Ecke gestellt hat (in die diese anderen Phänomene eigentlich hingehörten), das war im Grunde ein humanistischer Skandal. Damals war es brutaler als je zuvor in Nachkriegsdeutschland. Und somit brutaler als dieser Film, mit dem sich Schlingensief auch ein Stück weit wehrt gegen das Glitzer-Leichentuch, das sich über alles legt. Armut und Verelendung waren schon damals gerade im Ruhrgebiet wie in Berlin etwas Schleichendes. Aus dieser Perspektive heraus erkennt Schlingensief die neue Qualität des Horrors und inszeniert sie entsprechend als solche.

Filed Under: Film

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